Sport in Unterricht & Freizeit
Mein Kind hat einen angeborenen Herzfehler – darf es überhaupt Sport betreiben?
Das Spektrum der unterschiedlichen Herzfehler sowie insbesondere der Schweregrad ein und desselben Herzfehlers kann sehr variabel sein. Außerdem existieren derzeit eigentlich nur Richtlinien für Leistungssport bei Erwachsenen. Körperliche Aktivitäten in den verschiedenen Altersgruppen sind sehr vielschichtig und unterschiedlich: Sie reichen vom Babyschwimmen, Kinderturnen, Freizeitsport über Schulsport bis hin zum leistungsorientierten Wettkampfsport.
Auch Umweltbedingungen (Hitze, Kälte, Wind) können die körperliche Belastung bei Sport deutlich beeinflussen. Dementsprechend können allgemeine Richtlinien & Empfehlungen nur als Orientierungshilfe angeboten werden und ersetzen auf keinen Fall das individuelle Beratungsgespräch beim behandelnden Kinderkardiologen.
Im Allgemeinen kann man sagen:
- Bei komplett korrigierten Herzfehlern, korrigierten Herzfehler mit nur geringen Restbefunde (frühestens 3-6 Monate postoperativ) oder bei primär nur geringen - vom Normalbefund abweichenden - nicht operationsbedürftigen Auffälligkeiten ist Sport uneingeschränkt möglich.
- Bei höhergradigen Einschränkungen der Ventrikelfunktion, höhergradigen Klappenengen oder Klappenundichtheiten sollte keine maximale Belastung erfolgen.
- Bei re-operationsbedürftigen Befunden, nicht korrigierbaren schweren Herzerkrankungen, schwerer pulmonaler Hypertonie sollte allenfalls nur eine geringe bis gar keine sportliche Belastung erfolgen.
Man unterscheidet im Groben unter dynamischen und statischen Sportarten. Bei einer dynamischen Bewegung kommt es zu einem wiederholten An- und Entspannen des Muskels mit nur relativ geringer Kontraktionskraft. Ein Beispiel hierfür wäre das Laufen. Im Gegensatz dazu kommt es bei statischer Belastung - wie zum Beispiel beim Gewichte-Stemmen - zu einer sehr hohen Kraftaufwendung mit einer deutlichen intramuskulären Druckerhöhung meist auch gemeinsam mit einer deutlichen Blutdruckerhöhung.
Im Allgemeinen sind dynamische Belastungen statischen vorzuziehen.
Kinder mit Herzfehler, die zu Synkopen führen können (Rhythmusstörung, schwere Aortenklappenstenose) sollten keine Sportarten, bei denen ein kurzfristiger Bewusstseinsverlust ein Risiko darstellt ausüben (z.B. Schwimmen, Klettern).
Weiters kann es sein, dass eine Blutverdünnung mit Marcoumar notwendig ist. Hier sollten Kontaktsportarten und Sportarten mit großem Verletzungsrisiko vermieden werden.
Im Fall von implantierten Schrittmachern, sollten ebenfalls möglich keine Kontaktsportarten ausgeübt werden.
Das Risiko für einen plötzlichen Herztod bei angeborenen Herzfehlern bei Sport wird häufig auch von Ärzten zu hoch geschätzt.
Eine Studie aus Norwegen publizierte, dass bei einem Beobachtungszeitraum von 15 Jahren im Rahmen von Sport kein einziges Kind mit angeborenem Herzfehler an einem plötzlichen Herztod verstorben ist.
SPORT ist gesund - nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele! Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Sport gerade bei Kindern nicht nur für die körperliche Entwicklung, sondern auch für die psychische, soziale und neuromotorische Entwicklung ganz wesentlich ist. Und Bewegungsmangel stellt außerdem neben Bluthochdruck, Blutzucker und Cholesterin ein erhebliches kardiovaskuläres Risiko dar.
Doch wie sieht das genau für Kinder mit einem Schrittmacher aus? Kinder mit Herzerkrankungen werden immer wieder aus den verschiedensten Gründen von körperlichen Belastungen und sportlichen Aktivitäten ganz oder teilweise ausgeschlossen. In einigen Fällen kann es natürlich berechtigte, medizinisch indizierte Beschränkungen geben – aber meistens entsteht das Sportverbot durch die Sorge: „Es könnte etwas passieren...“
Gleich vorweg: Das Risiko für Kindern mit einem Schrittmacher bei Sport ist extrem gering. Es gibt nur sehr wenige Fallbeispiele, bei denen es im Rahmen einer sportlichen Aktivität zu einer Beschädigung eines Schrittmachersystems gekommen ist. Dagegen ist der Schaden, der durch ein Sportverbot entsteht, um ein Wesentliches höher. Dennoch gibt es aber Aspekte, die man bei Kindern mit Schrittmacher beachten sollte.
Schrittmacherpatienten haben zumeist ein Problem mit dem Herzrhythmus. Das Herz schlägt zu langsam und braucht daher Unterstützung. Diese kann durch das Einsetzen eines Schrittmachers, der das Herz stimuliert gegeben werden. Außerdem sind Kabel, sogenannte Sonden, nötig, um den elektrischen Impuls vom Schrittmacher zum Herzen zu leiten. Durch Erschütterungen, starke Änderung des Umgebungsluftdruckes sowie mechanische Krafteinwirkungen kann die Funktionsweise des Schrittmachers bzw. der Sonden beeinflusst oder beeinträchtigt werden.
Starke Kraftmomente, die auf Sonden oder Schrittmachergeräte wirken, könnten diese verletzen. Somit liegt es auf der Hand, dass Sportarten, bei denen es zu einer starken Krafteinwirkung auf das Gerät oder die Sonden kommen könnte, zu vermeiden sind. Dazu zählen natürlich insbesondere Kontaktsportarten wie Karate, Judo, Boxen und Taekwondo-Do. Auch Mannschaftssportarten wie Rugby oder American Football sind aus diesen Gründen bedenklich. Im Allgemeinen sollten somit Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko oder möglichem Sturz aus größerer Höhe vermieden werden (z.B. auch Reiten, Turmspringen) - ein Sprung ins Wasser von einem 1-3 m Brett ist natürlich bedenkenlos möglich.
Natürlich kann es auch bei Fußball, Basketball oder Handball zu heftigerem Körperkontakt kommen. Je älter das Kind, desto stärker kann die Krafteinwirkung sein. Werden diese Sportarten aber im Rahmen des üblichen Freizeit- oder Schulsportes ausgeübt, ist das Risiko sehr gering.
Beim Geräteturnen am Stufenbarren oder am Reck ist allerdings Vorsicht geboten. Beide Sportarten sollten vermieden werden.
Da große Änderungen des Umgebungsdruckes sich negativ auf die Schrittmacherfunktion auswirken könnten, sollte außerdem auf Flaschentauchen (vorallem ab einer Tiefe von mehr als 10m) verzichtet werden. Auch Höhenbergsteigen über 5000m wird als risikoreich angesehen. (Flugreisen, auch Überseeflüge sind bedenkenlos durchführbar!)
Bei all den aufgezählten Einschränkungen sollte man natürlich stets die individuelle Situation beurteilen. – Nicht alle Schrittmacherpatienten sind gleich: Bei Patienten die ohne Schrittmacher nicht auskommen, also jenen die „schrittmacherabhängig“ sind, sind die Empfehlungen strenger zu interpretieren, als bei Patienten, die auch ohne Schrittmacher leben können.
Die individuelle Beratung und Besprechung mit dem betreuenden Arzt ist hier unersetzlich. Ziel muss es immer sein, den eigenen individuell besten Weg in Abwägung zwischen Lebensqualität, sportlicher Ambition und Risiko in Rücksprache mit dem Kinderkardiologen zu finden.
Sport in der Schule
Wer als Sportpädagoge ein Kind mit einem angeborenen Herzfehler in der Klasse hat, muss wissen, wie viel sportliche Aktivität dem Kind zugemutet werden kann.
Generell gilt: Kinder mit einem angeborenen Herzfehler sind körperlich nicht so leistungsfähig wie andere Schüler im gleichen Alter. Wie viel Bewegung für ein Kind angemessen ist, muss der Sportlehrer mit den Eltern bzw. dem behandelnden Kinderkardiologen klären. Der Arzt kann abschätzen, welche körperliche Aktivitäten in Frage kommen und wovon abzuraten ist.
Wichtig ist auch, dass Lehrer über die körperlichen Möglichkeiten des Kindes Bescheid wissen.
Es ist wichtig, dass sich herzkranke Kinder trotz ihrer körperlichen Einschränkungen als Teil der Klassengemeinschaft fühlen. Der Pädagoge sollte deshalb Aktivitäten auswählen, die für sie geeignet sind. Einiges, was für den Sportunterricht auf dem Lehrplan steht, tut herzkranken Kindern richtig gut – nicht nur aus körperlichen, sondern auch sozialen Gründen. Zum Beispiel haben Koordinationsübungen, künstlerischer Ausdruck oder psychomotorische Übungen einen äußerst positiven Effekt. Nach einer Operation wird der Kinderkardiologe bestimmte körperliche Übungen empfehlen. Diese sind neben der richtigen Medikation und einer bestimmten Ernährung wichtig, damit das Kind schnell wieder zu Kräften kommt.
Bei starken körperlichen Einschränkungen kann ein herzkrankes Kind auch als Assistent des Lehrers in den Unterricht eingebunden werden. Das Kind darf sich dabei nicht ausgeschlossen vorkommen und spüren, dass es eine wichtige Rolle in der Klasse spielt.
Rennen oder Laufen über eine längere Zeit ist für herzkranke Kinder nicht empfehlenswert. Verglichen mit ihren Klassenkameraden sind sie körperlich weniger leistungsfähig und haben eine geringere Lungenkapazität.
Besonders bei niedrigen Temperaturen sollte von körperlichen Aktivitäten abgesehen werden, weil sich der Körper beim Laufen aufheizt. Findet der Unterricht im Freien statt, sollte ihnen erlaubt werden, sich im Warmen aufzuhalten.
Viele Pädagogen plagt der Gedanke, dass ein herzkrankes Kind im Unterricht ohnmächtig werden könnte. Ohnmachtsanfälle sind jedoch selten. Einige Kinder haben einen sehr niedrigen Puls, was das Risiko einer Ohnmacht erhöht. Wird das Kind ohnmächtig, muss es auf den Boden gelegt oder ins Sitzen gebracht werden – je nachdem, welche Position bequemer ist.
Der enge Austausch zwischen Pädagogen, Eltern und Arzt ist wichtig, denn so wissen alle Beteiligten, was in welcher Situation zu tun ist.
Wenn keine wesentliche sportliche Restriktion notwendig ist, kann prinzipiell am Skikurs oder Schwimmtraining teilgenommen werden.
Schwimmen sollte bei Herzfehlern die zu kurzfristigen Verlust des Bewusstseins führen könnten, nur unter entsprechender Aufsicht erfolgen.
Sport in der Freizeit
In den allgemeinen österreichischen Empfehlungen für körperliche Aktivität für Kinder steht: „Bei Kindern sollte die sportliche Aktivität etwa 60 Minuten pro Tag betragen. Dazu sollte etwa 3-mal muskel- und knochenstärkendes Training vollzogen werden und wenn möglich noch sportliche Betätigung im Bereich Koordination und Beweglichkeit.“
Doch wie sieht das für Kinder mit angeborenen Herzfehlern aus?
Sowohl für die Eltern, betreuenden Pädagogen aber auch behandelnden Ärzten entstehen bei Sport für Kinder mit angeborenen Herzfehlern die verschiedensten Fragen!
Es gibt nur wenige Studien, die sich dem Thema Sport bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern annehmen. Im Allgemeinen zeigen diese wenigen Arbeiten aber ohne Ausnahme nur positive Wirkungen sowohl auf die psychomotorische Entwicklung als auch auf die körperliche Belastbarkeit der Kinder.
Leider werden Kinder mit Herzerkrankungen sehr oft zu Unrecht aus den verschiedensten Gründen von körperlichen Belastungen, Schulsport und auch von der Teilnahme an verschiedenen sportlichen Aktivitäten ganz oder teilweise ausgeschlossen.
In einigen Fällen kann es natürlich berechtigte, medizinisch indizierte Beschränkungen geben - aber insbesondere auch dann ist es wichtig, darauf zu verweisen, dass Sportverbot nicht gleichbedeutend mit Bewegungsverbot ist und somit ebenso gilt: „Bewegung ist gesund“!
In den letzten Jahren wurden genügend Studien veröffentlich, die klar zeigen, dass in unserer hochindustrialisierten Welt neben den Volkserkrankungen wie Bluthochdruck, Blutzucker und Cholesterin der Bewegungsmangel der neue „Killer Nr. 1“ geworden ist. Bewegungsmangel stellt ein großes kardiovaskuläres Risiko dar. Außerdem ist Bewegung und Sport bei Kindern auch wichtig für die psychische, soziale und neuromotorische Entwicklung!
Es ist Tatsache, dass sich unsere Kinder viel zu wenig bewegen, und dies gilt leider auch in besonderem Maße für Kinder mit angeborenen Herzfehlern.
Zusammenfassend soll nochmals festgehalten werden:
SPORT & BEWEGUNG sind besonders für Kinder mit angeborenen Herzfehlern sehr wichtig. Diesem Thema wird leider im Allgemeinen häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Fragen bzgl. sportlicher Betätigung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern gehören stets mit ihrem behandelnden Kinderkardiologen besprochen.
Finde deinen eigenen Weg
Probiere verschiedene Sportarten aus, um herauszufinden, welche dir am meisten Spaß macht. Einige Menschen mögen Hallensportarten mehr, andere bewegen sich lieber im Freien.
Wenn du bemerkst, dass Sport dir gut tut, und du Sportarten gefunden hast, die du magst und bei denen du dich wohlfühlst, wirst du noch mehr Spaß am Sport bekommen und ihn leicht in deinen Alltag einbauen können.
(Quelle: Herzkinder & Sport, OA Dr. Christoph Prandstetter, Kinder-Herz-Zentrum Linz)
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